Winther-Storm: Spinnaker (Rezension )
Die Herren Storm und Winther spielen immer noch traumschönen Jazz der eher moderaten Art, klingen aber nach wie vor frischer als die durchschnittliche Combo, die mit Samthandschuhen auf Standards herumreitet. Hier gibt es nur eigene Kompositionen zu bestaunen, wie es sich für eine vermeintlich fortschrittliche Musikrichtung gehört.
Gleichwohl WINTHER-STORM einer konservative Auffassung dessen anhängen, wie ihr Stil klanglich umzusetzen sei, spielen sie ihre hörbar komponierten Stücke bei aller Gelassenheit spritzig und bar platter Turnarounds. Die Dynamik, mit der Storm und Coehoorn interagieren, sucht ihresgleichen und wurde zudem trefflich von den Produzenten – den Namengebern übrigens – auf Festplatte oder was auch immer gebannt. Die Bandbreite der Tracks reicht dabei ausgehend vom wahrhaftig herbstlichen “Oktober” über das Metheny-mäßige (“Bright Size Life”-Phase) “Mixed Up” und Winthers störrischen “Dolphy Dance” (Eric, oder wie?) bis zum wie der selige Miles zu besten Zeiten schmatzenden, zischenden und gluckernden “Middle North Codex”.
Sind WINTHER-STORM letztlich doch avantgardistische Wagnisse eingegangen? Nein, aber solche Schrullen beleben “Spinnaker” zusätzlich, als müsste dies angesichts der Großzügigkeit überhaupt sein, mit der die Musiker ihre Ideen ausschütten. Storm verfügt über einen Trademark-Gitarrensound, allerdings nur selten angezerrt wie im verschmitzten, verschleppten Titelstück, und am Ende machen vor allem gediegene Balladen wie “Longer” und feudale Groover wie “Rundt Svingen”. Eigentlich müsste das Strippenzieher-Duo seinen Bläser bei der Namensgebung bedenken, aber die Kombination mit Sued klingt dann wohl eher nach Brechstange … und das tut die Combo ja ausdrücklich nicht.
FAZIT: WINTHER-STORM sind nach wie vor Nordic Jazz ohne dessen Klischees und zeigen auf “Spinnaker” erneut, wie man mal lyrisch, mal eingängig und auch ein bisschen störrisch sein kann, ohne gleich Musik für aussschließlich eine Extrem-Zielgruppe zu machen, die Jazz-Polizei oder die Mainstream-Piano-Trio-Klientel. Das Quartett spielt schlicht nie vordergründig virtuosen, aber fintenreichen Jazz mit viel Fantasie für alle, die zuhören können. .
Spinnaker (2013) – 12/15 Punkten
Andreas Schiffmann